Der Begriff der Work-Life-Balance impliziert, dass Arbeit und Leben zwei klar voneinander abgegrenzte Bereiche sind. Arbeit (work), darunter verstehen wir üblicherweise die Tätigkeit, der wir nachgehen um Geld zu verdienen. Unter Leben (Life), wird alles verstanden, was soziale Aktivitäten, Familie und Freizeit anbetrifft. Es gehören also Hobbys und Freizeitgestaltung ebenso dazu wie Kinderbetreuung, Hausaufgabenkontrolle oder Versorgung von Angehörigen. Idealerweise sollen die beiden Bereiche im Gleichgewicht sein, sich gegenseitig unterstützen oder zumindest nicht behindern. Das Leben stellt den natürlichen Ausgleich für die Arbeit dar und umgekehrt.
Von Ausgleich für deinen anspruchsvollen, fordernden, manchmal nervenden Job kann aber wohl kaum die Rede sein, wenn du nachts dreimal aufsteht, um das weinende Kind zu beruhigen. Oder wenn du nach der Arbeit noch schnell in den Supermarkt rast, zwischenzeitlich das Kind in die Musikschule fährst, das andere vom Fußball holst, versuchst ein gesundes, schmackhaftes Essen auf den Tisch zu stellen (das doch nur mit einem “bäh, ich hab keinen Hunger” beiseite geschoben wird) nach dem Essen abdeckst, aufräumst, Streit schlichtest, Kinder ins Bett bringst, Wäsche aufhängst, und schließlich völlig erschöpft um elf einschläfst, in dem Wissen, dass es am nächsten Tag ab sechs Uhr wieder genauso weiter geht. Für ein “Leben” bleibt da keine Zeit!
Deutlich einfacher wird der Umgang mit den verschiedenen Herausforderungen, wenn wir Arbeit und Leben nicht mehr als klar voneinander getrennte Bereiche wahrnehmen.
Für mich ist Arbeit ein Teil meines Lebens und mein Leben ist Arbeit.
Damit möchte ich nicht sagen, dass ich ständig arbeite oder mein Lebenssinn nur in meinem Job zu finden ist. Tatsächlich ist es mir sogar sehr wichtig Familienzeit von Jobzeit zu trennen.
Weniger sinnvoll finde ich es, die Bereiche Leben und Arbeit mit verschiedenen Maßstäben zu bewerten und nach ihrem Ziel einzuordnen, anstatt nach ihrer Auswirkung auf das Leben. Ich teile viel lieber alle Tätigkeiten ein in solche, die mir Energie geben und andere, die mir Energie abziehen.
Die Gesellschaft erwartet von uns Eltern, dass wir Kraft aus dem Familienleben ziehen. Die Zeit mit den Kindern soll uns erfüllen und Freude bereiten. In der Realität ist das bei weitem nicht immer so. Nicht wenige Eltern sind froh, wenn das Wochenende vorbei ist und sie wieder arbeiten gehen dürfen. Dennoch widerstrebt es uns die Familienzeit als Arbeit betrachten, und das, obwohl uns bewusst ist, dass viele der Tätigkeiten für Haushalt und Familie Energie und Kraft kosten. Spätestens wenn ein Kind krank ist, zahnt oder sich irgendwas anderes nicht richtig anfühlt, wird es richtig anstrengend und fordernd. Da sind plötzlich sehr schnell die Grenzen der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit erreicht. Einfach nur die (eigentlich völlig realistische) To-do-Liste abzuarbeiten, kann schon zu einer riesigen Herausforderung werden.
Wenn sich solche Phasen aneinander reihen, wird das eigene Leben schnell zum Albtraum. Wir hoffen nur noch, dass er irgendwann schon besser werden wird, wenn wir nur lang genug durchhalten. Dabei vergessen wir völlig, was das Leben uns jetzt alles bietet, wir sehen gar nicht mehr die schönen Momente und die Möglichkeiten. Und doch sind sie da, es kommt nur darauf an, sie wieder näher an unser Bewusstsein zu bringen, ihnen Platz im täglichen Leben einzuräumen.
Die folgenden fünf Hinweise bzw. Übungen können dir dabei helfen, wieder bei dir anzukommen und das Leben zu genießen, voller Energie und Lebendigkeit. Finde heraus, welche Übungen Resonanz in dir erzeugen. Es muss natürlich nicht alles gleichermaßen für dich passen. Bevor du allerdings eine Aufgaben abhakst als unpassend oder ungeeignet für deine Situation, überlege dir, wie du sie vielleicht anpassen könntest, was du machen müsstest, damit du doch davon profitierst.
Du bist und bleibst nur eine einzelne Person, deshalb gibt es auch keinen Sinn, dass du für mehrere die Aufgaben übernimmst. In der Familie können viele Tätigkeiten von anderen übernommen werden, auch wenn du dann vielleicht deine Ansprüche an Sauberkeit oder Ordnung etwas runterschrauben musst. Aufräumen, Staub wischen, saugen, wischen, Wäsche waschen, bügeln, Bad putzen, Müll rausbringen, abspülen, einkaufen und kochen, es kann unmöglich erforderlich sein, dass du alles machst.
Du kannst auch kritisch hinterfragen, welche Annehmlichkeiten du deinen Kindern wirklich bieten möchtest und wo du sie vielleicht auch loslassen und ihnen mehr Selbständigkeit zugestehen kannst. Das fängt an beim Rauslegen der Kleidung, Vorbereiten des Essens, Wahrnehmen verschiedener Termine und geht weiter zu Hausaufgabenbetreuung, Fahrdienst leisten und Begleitung auf verschiedenen Wegen. Ein schlechtes Gewissen ist hier ein genauso schlechter Ratgeber wie im Job.
Du musst auch dort nicht jede ungeliebte Aufgabe annehmen, nur weil DU den Brückentag freigenommen hast oder dein Kollege schon wieder einspringen musste, als deine Kleine krank war. Du kannst auch mal “nein” sagen und deine Grenzen klar kommunizieren. Du musst dir nicht jede Aufgabe zueigen machen und du bist auch nicht für alles und jeden verantwortlich!
Und, nein, du musst ich nicht für jedes Ehrenamt melden, nur weil es sonst niemand machen möchte und auch der Elternverein in der Schule deiner Kinder wird zurecht kommen, wenn du die Fäden aus der Hand gibst. Solltest du dich unerwarteter Weise doch unausgelastet fühlen, kannst du immer wieder neue Zuständigkeiten finden.
Deine Tage sind lang, die Nächte manchmal kurz, das zehrt an den Nerven und an deinen Reserven. Besonders dann, wenn du viel zu tun hast, wenn an Urlaub und Erholung nicht zu denken ist, dann brauchst du Zeit für dich, dann braucht du dringend Momente der Entspannung. Es muss nichts Großes oder Besonderes sein; kleine, kurze Auszeiten können schon einen enormen Unterschied bewirken. Lass dir morgens beim Aufstehen einen Moment Zeit, spring nicht sofort aus dem Bett, sondern setze dich einen Moment an die Bettkante und atme bewusst ein und aus. Spüre den Boden unter deinen Füßen, konzentriere dich auf deine Atmung und komme ganz bei dir an. Nur ein paar Atemzüge, dann beginne deine Tag.
Verbinde dich auch tagsüber immer mal wieder mit deiner Atmung. Wenn du kannst, schließe kurz die Augen und spüre wie du sitzt oder stehst. Vor allem wenn du dich gehetzt fühlst oder dich aufregst, kannst du dich dadurch sehr effektiv wieder selbst erden. Abends kann dir ein Abendritual sehr gut helfen, leichter runter zukommen, den Tag abzuschließen und einzuschlafen. Du kannst beispielsweise jeden Abend bei einer Tasse Tee ausklingen lassen oder mit einem kurzen Spaziergang, vielleicht magst du auch lieber noch eine paar Seiten in einem netten Buch lesen oder dich entspannt duschen.
Wenn du dir langfristig wirklich etwas gutes tun willst, dann geh jeden Tag mindestens eine halbe Stunde nach draußen für eine Spaziergang oder etwas Sport, das gibt dir ganz neue Energie.
Viel von unserem Stress ist ganz und gar selbst gemacht, egal ob im Job, in der Partnerschaft, mit den Kindern oder Freunden oder auch mit uns selbst. Oft grübeln wir über Vergangenes, das wir nicht mehr ändern können, oder wir machen uns Sorgen, um Zukünftiges, dass wir im Moment nicht beeinflussen können.
Viele dieser Gedanken sind extrem problembelastet und sie halten uns davon ab, das Hier und Jetzt bewusst wahrzunehmen und zu erleben. Tatsächlich finde unser Leben aber nur genau jetzt statt. Wir können nur hier und jetzt etwas wahrnehmen, etwas fühlen, etwa tun und uns spüren. Alle Gedanken um Vergangenheit und Zukunft sind nur sinnvoll sofern sie Planungen und konkrete Überlegungen betreffen. All die Sorge und Grübeleien hingegen halten uns davon ab glücklich zu sein und unser Leben zu genießen.
Die gute Nachricht ist, dass das Gedankenkarussell auch angehalten werden kann. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt konkurrieren verschiedene Gedanken um unsere Aufmerksamkeit. Das heißt, wenn wir uns bewusst machen, was es ist, das wir gerade im Moment tun und uns darauf konzentrieren, dann bleibt für Sorgen und Grübeleien keine Kapazität mehr.
Wir kennen dieses Gefühl, das sich dann einstellt. Wenn wir richtig intensiv an etwas arbeiten und im Flow sind, geschieht das von ganz allein. Wir können diesen Zustand aber auch bei allen anderen Tätigkeiten herbeiführen, wenn wir immer wieder üben, uns ganz aktiv und bewusst auf das zu fokussieren, was wir gerade jetzt tun, unabhängig davon, was es ist. Es geht nicht darum die Tätigkeit zu bewerten, sondern darum, präsent und gegenwärtig zu sein.
Lebst du dein Leben oder wirst du gelebt? Rasen deine Tag nur so an dir vorüber, so dass du sie kaum voneinander unterscheiden kannst? Ist dein Leben bestimmt von Sachzwängen und bist eher ein Opfer der Umstände? Dann ist es höchste Zeit, dass du etwas veränderst an deinem Leben. Umso mehr du das Gefühl hast, dass du doch gar nicht viel tun kannst, umso wichtiger ist es. Bevor du es nicht versucht hast, kannst du nämlich gar nicht wissen, dass die Dinge unveränderlich sind!
Also finde heraus, welche deiner Lebensumstände du tatsächlich ändern kannst, was du ohne fremde Hilfe einfach in die Hand nehmen kannst. Für den Anfang ist es schon gut, wenn du deinen Arbeitsplatz oder deine Wohnung umgestaltest. Du kannst auch ganz bewusst bestimmte wiederkehrende Abläufe deines Lebens verändern, z.B. einen anderen Weg zur Arbeit nehmen oder den Arbeitstag anders strukturieren. Die Veränderungen im Außen münden schließlich in innerer Veränderungen. Oft kommt durch eine kleine Veränderung ein riesiger Stein ins Rollen und eine Menge neuer Erfahrungen werden plötzlich möglich.
Mach dich nicht klein, sondern erkennen welche Macht du hast, dein eigenes Leben zu schaffen und zu gestalten,welche Veränderungen du herbeiführen kannst, allein durch deine Einstellung und deine Bereitschaft zur Veränderung.
Achte darauf, wann du “ich kann nicht” sagst und formuliere den Satz um zu einem “ich will nicht”. Überlege dir, was diese Aussage wirklich bedeutet. Wenn du überzeugt bist, dass du doch willst, dann beginne dir vorzustellen, was geschehen muss, damit du auch kannst.
Welche (kleinen) Schritte kannst du gleich jetzt gehen?
Bedenke dabei, dass es nahezu nichts gibt, das wirklich alternativlos ist.
Für alles gibt es verschiedene Herangehensweisen, die zum Ziel führen.
Auch wenn du deine Herangehensweise verändert hast, deine Bedürfnisse gut kennst und für dich sorgen kannst, können immer noch mehr Aufgaben zu bewältigen sein, als du schaffen kannst oder eventuell auch nur schaffen willst. Dann trau und frage in deinem Umfeld nach Unterstützung. Lass dir helfen, vor allen bei den Dingen, die du nicht so gut kannst und/oder nicht besonders gern machst. Du kannst deine Zeit besser und gewinnbringender einsetzen. Es ist kein Zeichen von Schwäche um Hilfe zu bitten, ganz im Gegenteil. Du zeigst damit, dass du deine Bedürfnisse und Grenzen kennst und achtest.
Es gibt keinen Bereich des Lebens in dem du dir nicht helfen lassen kannst. Vielleicht ist es die Putzhilfe, die Assistentin für dein Business oder die Kinderfrau. Vielleicht hilft dir die emotionale Unterstützung durch deinen Partner, deine Mutter oder deine beste Freundin aber viel weiter. Oder du brauchst vielleicht einen Coach, eine Accountability-Partnerin oder eine Mentorin. Die Möglichkeiten sind vielfältig, finde raus, was du wirklich für dich nutzen kannst.
Was für mich gut und richtig ist, muss für dich nicht passen. Nur weil deine Freundin super glücklich mit ihre Putzhilfe ist, kann es dich dennoch total nerven, dass eine Fremde in deinem Haus rumfuhrwerkt, während du im Homeoffice versuchst zu arbeiten. Auch bei diesem Thema ist es wichtig, dass du deinen eigenen Weg findest. Es gibt keine Patentlösungen und vielleicht musst du eine Weile rumprobieren, wofür du dir in welchem Umfang Unterstützung holen möchtest.
Unterstützung holen, bedeutet auch ein Stückchen weit loslassen, Verantwortlichkeit abgeben. Das bedarf unter Umständen einiger Gewöhnung.
Ein ausgeglichenes Leben, dass dich langfristig vital und kraftvoll erhält, erreichst du nicht über eine Work-Life-Balance.
Vielmehr geht es darum deine Energiefresser und Zeitdiebe in allen Lebensbereichen zu identifizieren und ihnen die Macht zu nehmen.
Wenn du dabei Unterstützung brauchst, bin ich gern für dich da.
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[…] Artikel dazu kannst du lesen unter https://frau-im-business.com/wie-du-arbeit-und-familie-unter-einen-hut-bringst-ganz-ohne-work-life-ba…. Dort gehe ich natürlich auch noch intensiver auf die einzelnen Aussagen ein und beschreibe auch […]